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Gesundheit Cannabis

Zwei von drei Deutschen haben noch nie gekifft

Darf man Cannabis bald als Genussmittel kaufen?

Über 7000 Patienten reichen pro Monat Anträge auf eine Cannabistherapie ein. Der Gesetzgeber hatte mit 700 pro Jahr gerechnet. 2019 soll das erste in Deutschland angebaute Gras in die Apotheken kommen.

Quelle: WELT/ Erdmann Hummel

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Die Mehrheit der Deutschen hält Kiffen für gefährlich, zeigt eine Umfrage. Doch was viele nicht wissen: Nicht jeder Mensch reagiert auf die Droge gleich. Manche sollten die Finger davon lassen, warnen Experten.

Die meisten Menschen in Deutschland halten nichts vom Kiffen – und meinen auch, dass Cannabis in ihrem Umfeld keine Rolle spielt. Das sind Ergebnisse einer repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Yougov im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur.

68 Prozent gaben an, die Droge noch nie konsumiert zu haben – bei den Frauen sind es sogar 71 Prozent. Insgesamt nur 4 Prozent halten Haschisch für harmlos. Sogar 82 Prozent sagten, dass Cannabis im Alltag ihrer Kinder unter 18 Jahren keine größere Rolle spiele – auch nicht durch Freunde, Medien oder Musik.

Auch in ihrem engeren Umfeld vermuten die meisten Befragten keine Haschisch-Fans: Rund zwei von drei Bürgern (63 Prozent) denken nicht, dass jemand im Freundeskreis kifft. 22 Prozent gaben dagegen an, von einem Freund zu wissen, der Cannabis konsumiert.

Cannabis als Medizin auf Rezept – das ist in Deutschland bereits erlaubt. Nun wollen FDP, Linke und Grüne auch eine Freigabe für den generellen Konsum erreichen. Am kommenden Donnerstag (22. Februar) werden ihre Anträge im Bundestag debattiert.

ARCHIV - ILLUSTRATION - 15.07.2014, Nordrhein-Westfalen, Köln: Hanf-Pflanzen (Cannabis) wachsen in einem Garten. (zu dpa «Gegen Stress 'ne Tüte? Kiffende Promis und psychotische Jugendliche» vom 18.02.2018) Foto: Oliver Berg/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
Hanf-Pflanzen (Cannabis) in einem Garten in Köln
Quelle: dpa

Die FDP fordert die Genehmigung von Modellprojekten zur Erforschung der kontrollierten Abgabe von Cannabis als Genussmittel. Die Linke zielt in ihrem Antrag darauf ab, bei geringen Mengen Cannabis auf Strafverfolgung zu verzichten. Die Grünen legen einen Entwurf eines Cannabiskontrollgesetzes vor.

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Alle drei Fraktionen eint die Überzeugung, dass der Kampf gegen den Konsum des Rauschmittels durch Strafe und Repression gescheitert sei. Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Marlene Mortler (CSU), sieht das anders. Eine Freigabe für den Freizeitkonsum lehnt sie ab, da mit steigender Verfügbarkeit auch der Konsum steige.

Laut Yougov-Umfrage sind die Deutschen in dieser Frage gänzlich unentschlossen: 35 Prozent gaben an, eine Haschisch-Legalisierung zu befürworten; 33 Prozent lehnten dies ab; 22 Prozent sagten, es sei ihnen egal. In einer anderen Umfrage, die im vergangenen November vom Meinungsforschungsinstitut Forsa durchgeführt worden war, fiel die Ablehnung deutlich stärker aus: Dort hatten sich 63 Prozent der Bundesbürger gegen eine Legalisierung von Cannabis ausgesprochen.

„Jedem mit Stress-Syndrom empfehle ich Yoga, Faulsein und 'ne Tüte.“ Sie kiffe gern mal ab und zu, gab Fernseh-Kommissarin Maria Simon („Polizeiruf 110“) einmal in einem Interview zu Protokoll. Ihre Kollegin Maria Furtwängler erzählte, sie habe als Schülerin gelegentlich gekifft und selbst Pflanzen angebaut. Schauspieler Jan Josef Liefers aß zwar nach eigenen Worten schon mal zu viele Haschkekse, er schätze aber auch die entspannende Wirkung.

In den USA allerdings werden spätestens mit der Freigabe von Cannabis in mehreren Bundesstaaten nicht mehr nur die Reggae-Legende Bob Marley und Rapper wie Snoop Dogg mit Gras in Verbindung gebracht. Schauspielerin Jennifer Lawrence zum Beispiel ging schon einmal bekifft zu einer Oscar-Verleihung, wie sie sagte. Musiker John Mayer bekannte, inzwischen Cannabis dem Alkohol vorzuziehen – dadurch sei seine Lebensqualität gestiegen.

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Ob das die zumeist jungen Patienten von Andreas Bechdolf auch von sich behaupten können? Vermutlich nicht – denn sie hören Stimmen oder fühlen sich verfolgt. Um die Angstgefühle in den Griff zu bekommen, kiffen manche Betroffene weiter. Die Wahnvorstellungen treten nicht zwangsläufig nur ein, wenn die Konsumenten gerade high sind, sie sind manchmal auch eine Spätfolge nach einer Phase regelmäßigen Konsums, wie Bechdolf sagt.

Er ist Chefarzt der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie am Vivantes-Klinikum in Kreuzberg und behandelt mit Kollegen pro Jahr bis zu 900 Menschen mit psychotischen Symptomen. Etwa 80 Prozent derer, die zum ersten Mal Hilfe im Frühinterventionszentrum „FRITZ“ des Klinikums suchen, wiesen einen relevanten Cannabis-Konsum auf.

31.01.2018, Berlin: Andreas Bechdolf, Chefarzt für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik des Vivantes Klinikum Am Urban. (zu dpa «Gegen Stress 'ne Tüte? Kiffende Promis und psychotische Jugendliche» vom 18.02.2018) Foto: Ulrike von Leszczynski/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
"Manche Menschen sollten das Kiffen unbedingt lassen": Andreas Bechdolf, Chefarzt für Psychiatrie und Psychotherapie
Quelle: dpa

Bechdolf gehört dennoch nicht zu den Experten, die Cannabis generell verteufeln: „Für einzelne Menschen, die mit Psychosen zu tun haben, hat der Konsum sehr negative Folgen, sie sollten es unbedingt lassen. Und für andere ist es unproblematisch“, sagt er. Diese Differenzierung sei Jugendlichen in der Prävention, aber auch den Betroffenen sehr schwer zu vermitteln, sagt Bechdolf.

Zuletzt bekamen die „Legalize“-Befürworter Unterstützung von ungeahnter Seite: Der Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK) forderte eine komplette Entkriminalisierung von Cannabis-Konsumenten. Denn meist würden nur diese erwischt – nicht aber die Drahtzieher des Handels.

„Die Prohibition von Cannabis ist historisch betrachtet willkürlich erfolgt und bis heute weder intelligent noch zielführend“, sagte BDK-Chef André Schulz Anfang Februar der „Bild“-Zeitung. Er verwies auf die negativen Folgen der Repression wie offene Drogenszenen und Beschaffungskriminalität. Das Hauptproblem seien Alkohol und Tabak – Cannabis sei dagegen keine tödliche Droge.

Die schwarz-rote Bundesregierung hatte aber noch Ende 2017 deutlich gemacht, dass sie die Legalisierung weiterhin entschieden ablehne. Eine kürzlich veröffentlichte Studie habe die Risiken des Cannabis-Konsums zu Rauschzwecken erneut bestätigt, hieß es. Das Cannabis-Verbot diene dem Schutz der Gesundheit der Bevölkerung.

Das sehen viele der nun von Yougov Befragten ähnlich: Auf einer Skala von 0 (harmlos) bis 10 (gefährlich) entschieden sich 16 Prozent für die 10. Die Mehrheit (63 Prozent) verteilt sich auf den Bereich „eher gefährlich“ von 5 bis 10.

Legal, beliebter als Crystal Meth – und keineswegs harmlos

MANCHESTER, ENGLAND - FEBRUARY 26: Packets containing 'Legal Highs' are displayed on a table on February 26, 2015 in Manchester, England. There has been a significant rise in the use of Legal Highs that are actually not against the law. They contain one or more chemical substances which produce similar effects to illegal drugs and can be purchased in local "Headshops." The 'highs' are not controlled under the Misuse of Drugs Act 1971 and can be purchased in many forms including pills, potions and herbs. (Photo Illustration by Christopher Furlong/Getty Images)
Legal Highs enthalten Substanzen, die die Wirkung verbotener Drogen imitieren
Quelle: Getty Images
dpa/eb

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